Fiat und Chrysler – wie Fiat-CEO Sergio Marchionne sagte, „eine himmlische Hochzeit“ (Wer erinnert sich an Herrn Schrempps „Hochzeit im Himmel“ am Beginn des DaimlerChrysler-Abenteuer?). Zumindest für Siemens PLM Software hat der Deal eine sehr positive Auswirkung: Chrysler stellt von Catia/Enovia auf NX/Teamcenter um.
Der Chryler-Key-Accounter von Dassault, Robert Brincheck, hofft noch, dass Cataia und NX koexistieren werden, aber Marchionne strebt anscheinend einen kompletten Switch der PLM-Umgebung an, um die Entwicklungsabteilungen (Fiat arbeitet schon länger mit NX) enger miteinander zu verzahnen. Und das ist meiner Meinung nach auch der Punkt, warum die Ehe Fiat-Chrysler besser laufen könnte als die Ehe daimler-Chrysler: Chrysler braucht kleinere, energieeffiziente Autos, Fiat braucht dringend einen Zugang zum US-Markt, denn der bringt die großen Stückzahlen. Fiat USA wurde um das Jahr 1981 aufgelöst, seither hat FIAT in den USA keine oder nur wenig Geschäfte gemacht. Derzeit wird der neue Fiat 500 auf US-Normen angepasst (auf NX und sicher mit der Erfahrung von Chrysler-Entwicklern), und ich glaube, dass das Auto ein großer Erfolg „drüben“ wird.
Bleibt die Frage, was der Umstieg für Chrysler bedeutet. Catia ist seit 20 Jahren bei Chrysler im Einsatz, tatsächlich ist es das System, mit dem das Zeichenbrett abgelöst wurde. Das bedeutet, dass die gesamte Entwicklungsabteilung auf Catia ausgerichtet ist und der Umstieg bestimmt eine große Herausforderung wird. Eine große Aufgabe, und meiner Lieblingsautofirma Fiat ist nur zu wünschen, dass man in den USA gute Partner findet, die den Umstieg mit Consulting, Schulung usw. begleiten. Die Altdatenübernahme dürfte ein Alptraum werden – ich will gar nicht wissen, wieviele Terabyte Daten da rumliegen.
Und was bedeutet das für Dassault? Man könnte ja, wenn man PTCs Domino-Theorie glaubt, vermuten, dass dies der Beginn einer großen Zukunft von NX im Automotive-Markt sein wird. Wie immer dürfte die Wahrheit in der Mitte liegen – Siemens wird sich einen Marktanteil sichern, Dassault etwas von seiner Dominanz verlieren. Ich bin mir auch sicher, dass die Autofirmen gar nicht so unglücklich sind, mehrere Systeme im Einsatz bzw. zur Auswahl zu haben, statt komplett auf Catia zu setzen (was ja auch (fast) keiner tut, sowohl bei OEMs als auch bei den Zulieferern sind immer mehrere Systeme zu finden).
Und die Aussicht, mit V6 „schon wieder“ einen kompletten Paradigmenwechsel mitzumachen, hat sicher nicht allzu viel Anziehungskraft für die Firmen. Dies könnte meiner Meinung nach sogar das gefährlichste Moment für Dassault sein: Man könnte sich ja sagen: „Wenn ich eh ein Großprojekt aufsetzen muss, um von V5 auf V6 zu kommen, kann ich ja gleich einen CAD-Systemwechsel aufsetzen“. Und die Firmen erinnern sich noch gut an den schwierigen und langwierigen Umstieg von V4 auf V5.
Von „Parasolid takes over Detroit“, wie Kollege Grabowski meint, kann also keine Rede sein. Aber sicherlich hat Siemens PLM hier einen sehr wichtigen Punkt gemacht. Und ich hoffe wie immer das beste für Fiat :-). Immerhin macht Fiat richtig ernst mit der Zusammenarbeit mit Chrysler – und das wird hoffentlich nach dem Motto „wenn schon, dann richtig“ klappen.
Weitere Infos und Quellen: Vectorrum, Deelip Menezes, WorldCADAccess und Danke an Michael Murgai.
Hallo Ralf,
wenn jetzt natürlich auch Daimler den Umstieg auf NX ankündigen würde, – die Gerüchte verdichten sich erheblich – dann hat das für die Automotive-Welt schon eine Bedeutung.
Gruß Dieter
… wahrscheinlich wird das sogar eine einschneidende Bedeutung für die gesamte Politik von Dassault haben. Die bisher sehr hohe Abhängigkeit der Anwender von Dassault, wie es auch Volkswagen auf der Partnerfirmenveranstaltung 2009 im Plenum bestätigt hat, würde schlagartig schwinden. Dassault müsste sich öffnen!
Der Druck, der bisher auf Zulieferern lastet, würde sich dann hoffentlich verringern. Heute müssen Zulieferer aufgrund der sehr reglementierten Formatpolitik von Dassault genau die Software in genau der Version/Release einsetzen, die beim Auftraggeber verwendet wird. Das verringert den Wettbewerb und macht es für Zulieferer unmöglich, die für ihre Zwecke optimierte Software einzusetzen. Sie haben heute schlichtweg keine Wahl!
Alle Anwender hoffen auf Daimler! Das würde mehr Wettbewerb und vor allem bessere Werkzeuge für den Anwender bedeuten!!!
Für Daimler würde eine solche Entscheidung aber unheimlich große Investitionen bedeuten, die vermutlich nur ein Unternehmen der Kategorie Daimler aufbringen kann.
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